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Mittwoch, 7. Dezember 2011

Boreout und Unterforderung: ein ernstes Problem

Seit das Burnout-Syndrom in den Medien und auch in angesehenen Wochenzeitungen wie dem FOCUS ausführlich beschrieben wird, wird die Öffentlichkeit auch auf eine andere Problematik aufmerksam, die beinahe die gleichen Krankheitsbilder hervorbringt: Es geht um das Boreout-Syndrom, um Krankheit und Unzufriedenheit durch Unterforderung. Ganz unabhängig davon, ob es sich um ein Syndrom handelt oder nicht (siehe Diskussion in Wikipedia), ist Boreout ein Motivationskiller, der Unzufriedenheit in die Firma trägt.
Häufig werden Beispiele aus dem Staatsdienst oder in großen Unternehmen beschrieben, in denen sich Mitarbeiter in abgehängten Fachbereichen wiederfinden und dort ausharren müssen (z. B. in Spiegel Online). Allerdings können Unterforderung und Langeweile auch über mehrere Wochen oder Monate in kleinen Unternehmen auftreten. Einzelne Mitarbeiter sind möglicherweise auch ein Arbeitsleben lang unterfordert. Solche Fälle hängen seltener mit Flaute oder geringer Auslastung der Firma zusammen. Oft genug kommt es vor, dass hochqualifizierte Spezialisten vor einem leeren Schreibtisch sitzen, während es in der Firma brennt. Ein Beispiel: Weil die neue Ware wegen Produktionsproblemen wochenlang in der Fabrik festhängt, hat der LKW-Disponent absolut nichts zu tun. Oder der Datenbankentwickler hängt in der Luft, weil Sie eine externe Buchhaltungs-Software eingeführt haben. Sie möchten ihn aber unbedingt behalten, weil er ein bestimmtes Projekt umsetzen soll, für das Sie konkrete Pläne haben. Sie haben vor lauter Alltagsproblemen aber einfach nicht die Zeit, um Ihre Gedanken mit dem Entwickler zu besprechen.
Ignorieren Sie solche Probleme nicht. In der Regel kommt es hier zu einer Eskalation nach folgendem Szenario: Der Mitarbeiter, in diesem Beispiel der LKW-Disponent, klagt, dass er nichts zu tun hat. Sie sind wegen des ernsten Problems in der Produktion so abgelenkt, dass Sie solchen Bagatellen keine Aufmerksamkeit schenken wollen. Möglicherweise denken Sie sogar in Gönnerlaune: Dann kann er heute mal früh nach Hause gehen.
Nach sechs Wochen dämmert Ihnen, was Sie diese lange Zeit ohne Auslastung gekostet hat. Jetzt hagelt es Vorwürfe, dass der Mitarbeiter faul sei und den Chef hintergangen habe, weil er nicht Bescheid gesagt habe. Wenn der Mitarbeiter erwidert, dass er Sie sehr wohl benachrichtigt habe, wird dann entgegnet, er hätte eben nicht deutlich genug gemacht, wie wenig er zu tun hat. Irgendwann ist die Beziehung so gestört, dass es zur Trennung kommt und dass der Vorwurf der Ausnutzung durch den Mitarbeiter im Raum steht.
Dabei leidet der Mitarbeiter meistens unter der Unterforderung. Er räumt z. B. Büro und Computer zum x-ten Mal perfekt auf und läuft ständig auf und ab. Vor allem ist er auch aus Angst um den Job meist in extrem trübseliger Stimmung. Die Kollegen deuten die Unterforderung eines Mitarbeiters sehr schnell als Krisensymptom für die gesamte Firma und fragen sich, ob ihr eigener Job noch sicher ist. Möglicherweise wird diese Einschätzung auch nach außen getragen. Sie sehen, dass sich fehlende Auslastung von Mitarbeitern ganz schnell zu einem ernsten Problem der gesamten Firma entwickeln kann.



Falls es zu solchen unvermeidlichen Leerläufen bei Mitarbeitern kommt, kümmern Sie sich um andere Aufgaben für sie, auch wenn Ihnen wegen Stress überhaupt nicht der Sinn danach steht. Das können auch fachfremde Aufgaben sein. Wenn der LKW-Disponent dem Webdesigner über die Schulter schaut, wird vielleicht kurzfristig die Produktivität des Webdesigners sinken, aber langfristig ernten Sie durch diese Maßnahme eine höhere Motivation und Flexibilität der Mitarbeiter. Man wird so wohl keinen Mitarbeiter zum Spezialisten für den Fachbereich seines Kollegen machen, aber möglicherweise kann er im Krankheitsfall oder bei Vakanzen über die gröbsten Probleme hinweg helfen, vielleicht sogar in die Aufgabe ganz hineinwachsen.
Wenn ein unausgelasteter Mitarbeiter von sich aus Arbeiten wie Unkraut jäten, Paletten abpacken, das Büro streichen oder sogar putzen anbietet, dann nehmen Sie dieses Angebot unbedingt an. Diese körperlichen Arbeiten verdrängen meist die trüben Gedanken. Sie erhalten durch diese Lösung aber nur kurzen Aufschub. Auf mittlere Sicht sollte angemessene Auslastung für alle Mitarbeiter vorhanden sein. In Notfall kann es ehrlicher sein, sich vom Mitarbeiter zu trennen, wenn sich keine vernünftige Auslastung finden lässt.
Literatur zum Boreout-Syndrom und zu seiner Vermeidung gibt es von Philippe Rothlin und Peter R. Werder. Siehe Abbildungen in diesem Blog.



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